Rechtlicher Umgang mit minderjährigen Azubis: Minderjährige Auszubildende

Juni 25, 2025 | Allgemein

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Minderjährige Auszubildende richtig betreuen – Was Ausbildungsbetriebe wissen müssen

In vielen Betrieben beginnen Auszubildende ihre Ausbildung bereits vor ihrem 18. Geburtstag. Damit gelten für sie besondere gesetzliche Regelungen – vor allem im Rahmen des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG). Minderjährige Auszubildende genießen einen erweiterten Schutz und sind in rechtlicher Hinsicht noch nicht voll geschäftsfähig.

Was heißt das konkret für Ausbildungsbetriebe?
Wer Jugendliche unter 18 einstellt, muss bei Vertragsabschluss, Arbeitszeiten, Pausen, Urlaub und Tätigkeitseinsatz auf Besonderheiten achten. Hier finden Sie alle wichtigen Punkte im Überblick – rechtssicher und praxisnah.


✅ Vertragsabschluss bei minderjährigen Auszubildenden

Da Jugendliche noch nicht voll geschäftsfähig sind, ist der Ausbildungsvertrag nur dann gültig, wenn ein gesetzlicher Vertreter (in der Regel ein Elternteil) mitunterschreibt.

  • Haben beide Elternteile das Sorgerecht, müssen beide unterschreiben.

  • Ist nur ein Elternteil sorgeberechtigt, genügt dessen Unterschrift (§ 1629 Abs. 1 BGB).

💡 Wichtig: Auch bei Abmahnungen oder Kündigungen muss das Schriftstück den Eltern bzw. dem gesetzlichen Vertreter zugehen, um wirksam zu sein. Minderjährige dürfen ein Ausbildungsverhältnis ebenfalls nur mit Zustimmung ihrer Eltern kündigen.


✅ Ärztliche Untersuchung vor Ausbildungsbeginn

Ein Betrieb darf einen Jugendlichen nur ausbilden, wenn eine ärztliche Erstuntersuchung (gemäß § 32 JArbSchG) nachgewiesen wird.

  • Die Bescheinigung muss vor Ausbildungsbeginn vorliegen.

  • Sie darf nicht älter als 14 Monate sein.

  • Bei minderjährigen Azubis, die zum Ende des 1. Ausbildungsjahres weiterhin unter 18 sind, ist eine Nachuntersuchung (§ 33 JArbSchG) erforderlich.

Die Arztwahl ist frei – die Kostenübernahme ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. Informationen erhalten Sie bei Ihrer zuständigen Handwerkskammer oder Krankenkasse.


✅ Berufsschule: Freistellung für minderjährige Azubis

Jugendliche Auszubildende haben ein Recht auf erweiterte Freistellungen für die Berufsschule (§ 9 JArbSchG):

  • Ein Berufsschultag mit mehr als 5 Unterrichtsstunden à 45 Minuten gilt als voller Arbeitstag – der Azubi darf danach nicht mehr im Betrieb arbeiten.

  • Bei weiteren Schultagen zählt nur die tatsächliche Unterrichtszeit inkl. Pausen.

  • Bei Blockunterricht mit über 25 Schulstunden wird der gesamte Wochenumfang als 40-Stunden-Arbeitswoche angerechnet.

Auch am Tag der Abschlussprüfung sowie am Arbeitstag vor der Prüfung sind minderjährige Azubis freizustellen (§ 10 JArbSchG).


✅ Pausenregelungen für unter 18-Jährige

Jugendliche dürfen nicht länger als 4,5 Stunden ohne Pause beschäftigt werden. Die Ruhepausen müssen laut § 11 JArbSchG wie folgt gestaltet sein:

Arbeitszeit Pausenzeit
4,5 bis 6 Stunden mindestens 30 Minuten
über 6 Stunden mindestens 60 Minuten

Zusätzlich gilt:

  • Die Pause darf frühestens 1 Stunde nach Arbeitsbeginn und spätestens 1 Stunde vor Arbeitsende beginnen.

  • Eine Pause muss mindestens 15 Minuten am Stück dauern, um als Ruhepause zu gelten.


✅ Arbeitszeiten: Wann dürfen Jugendliche beschäftigt werden?

Gemäß § 14 JArbSchG dürfen minderjährige Auszubildende nur zwischen 6:00 und 20:00 Uhr arbeiten.
Ausnahmen gelten nur für Jugendliche über 16 Jahre in mehrschichtigen Betrieben – hier ist eine Beschäftigung bis 23:00 Uhr möglich.

Weitere Vorgaben:

  • Samstagsarbeit ist grundsätzlich verboten (§ 16 JArbSchG) – Ausnahmen gelten u. a. für:

    • offene Verkaufsstellen,

    • Kfz-Werkstätten,

    • Marktverkehr.
      Trotzdem sollten zwei Samstage pro Monat arbeitsfrei bleiben.

  • Sonntagsarbeit ist für minderjährige Azubis grundsätzlich nicht erlaubt (§ 17 JArbSchG).

💡 Achten Sie auch auf einen Ausgleichstag, wenn ein berufsschulfreier Tag für betriebliche Arbeit genutzt wird.


✅ Urlaubsanspruch minderjähriger Auszubildender

Der gesetzliche Urlaubsanspruch richtet sich nach dem Alter zu Beginn des Kalenderjahres (§ 19 JArbSchG):

Alter am 01.01. Gesetzlicher Mindesturlaub
unter 16 Jahren 30 Werktage
unter 17 Jahren 27 Werktage
unter 18 Jahren 25 Werktage

Im Dachdeckerhandwerk gilt tariflich ein Anspruch von 26 Arbeitstagen pro Jahr (§ 7 BBTV) – dieser liegt über dem gesetzlichen Mindestmaß und ist damit für alle gewerblichen Auszubildenden verbindlich.


✅ Einschränkungen bei Tätigkeiten – was Jugendliche nicht dürfen

Jugendliche Azubis dürfen nicht mit Arbeiten beschäftigt werden, die ihre körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit übersteigen. Verboten sind z. B.:

  • das Heben oder Tragen schwerer Lasten,

  • der Umgang mit Gefahrstoffen (außer unter bestimmten Bedingungen),

  • Tätigkeiten mit erheblicher emotionaler Belastung (z. B. in der Pflege von Dementen).

Umgang mit Gefahrstoffen ist nur erlaubt, wenn:

  • er zur Ausbildung gehört,

  • Grenzwerte eingehalten werden,

  • eine fachkundige Person die Aufsicht übernimmt.

🔧 Maschinenarbeiten nur mit Einweisung!
Vor dem Einsatz an Maschinen müssen Ausbilder eine dokumentierte Gefährdungsunterweisung durchführen (§ 29 JArbSchG). Diese dient dem Gesundheits- und Unfallschutz – und schützt im Ernstfall auch rechtlich.


Fazit: Verantwortungsvoll mit jungen Auszubildenden umgehen

Die Beschäftigung minderjähriger Auszubildender ist mit besonderer Verantwortung verbunden. Wer sich an die rechtlichen Vorgaben hält, schafft sichere Rahmenbedingungen für junge Menschen – und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Ausbildung.

Von Vertragsabschluss bis Pausengestaltung gilt:
Jugendliche Azubis brauchen klare Regeln, Schutz und Unterstützung – damit sie motiviert und gesund in den Beruf starten.

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